Dienstag, 29. Oktober 2013

29.10.2013 - Die Roten Khmer und Feuerwerk am Mekong


Heute wollten wir als erstes ins Tuol-Sleng-Museum. Das Museum beschäftigt sich mit dem Genozid der Roten Khmer an der eigenen Bevölkerung in Kambodscha. Die Roten Khmer, waren eine kommunistische Gruppierung, die in den 1970ern im Rahmen eines Bürgerkrieges an die Macht gekommen war. Der Bürgerkrieg entstand durch den Putsch eines kambodschanischen Generals an der zuvor bestehenden Regierung, der durch Hilfe der USA zustande gekommen war.

Zur Zeit des Vietnamkrieges nach der Unabhängigkeit von Frankreich war Kambodscha ein relativ stabiles Land und stand auch wirtschaftlich im Vergleich zu den anderen südostasiatischen Ländern gut da. Die Vietcong, die Gegner der USA im Vietnam-Krieg nutzten Kambodscha jedoch als Rückzugsort und als Nachschublager. Die USA warfen dem regierenden König vor nicht genug gegen diesen Nachschub zu tun und unterstützen seinen politischen Gegner General Lon Nol bei einem Putsch. Dieser unternahm etwas gegen den Nachschub und Kambodscha wurde in den Vietnamkrieg herein gezogen. Die USA bombardierten dabei große Teile des Ostens Kambodschas und viele Zivilisten kamen dabei ums Leben. Zudem unterdrückte der neue Staatchef die eigene Bevölkerung.

In Kambodscha gab es schon lange vorher eine kommunistische Gruppierung die später vom König die Roten Khmer getauft wurde. Die Unterdrückung durch den General trieb nun große Teile der Bevölkerung in die Arme dieser Gruppierung die nach einiger Zeit (u.a. mit Kindersoldaten) die Hauptstadt eroberte und den General stürzte.

Am Anfang wurden sie noch als Helden gefeiert, doch das hörte bald auf. Die Roten Khmer wollten Kambodscha in einen kommunistischen Landwirtschaftsstaat umbauen und versuchten dies, nun an der Macht, mit allen Mitteln durchzusetzen. Die eigene Bevölkerung wurde aus den Städten aufs Land deportiert um dort zu Zwangsarbeit eingesetzt zu werden. Die Wirtschaft brach vollständig zusammen, es gab Hungersnöte, die Währung und fast das gesamte Bildungssystem wurden abgeschafft, was Kambodscha Jahrzehnte zurück warf. Bis heute hat sich das Land nicht vollständig erholt. Alle Überbleibsel der wirtschaftlichen Elite wurden zerstört und 1,4 – 2,2 Millionen Kambodschaner getötet, viele in Vernichtungslagern. Die Gesamtbevölkerung des Landes betrug zu der Zeit etwa 7 Millionen. 
Intelektuelle, Lehrer und jede Art von Systemgegner (dieser Begriff war recht beliebig auslegbar) wurden inklusive ihrer Familien gefangengenommen, oft gefoltert und dann hingerichtet.

Eines dieser Lager war Sicherheitsgefängnis 21, in dem heute das Museum ist.

Früher war es mal eine Schule, was man an vielen Stellen noch sehen kann. Selbst kleine Reckstangen für die Kinder stehen heute noch im ehemaligen Schulhof. Zur Zeit der Roten Khmer wurde die Schule umgebaut in ein Gefängnis. Die Klassenräume wurden mit Ziegelmauern in kleine Zellen (ca. 2 qm) unterteilt in der „wichtigere“ Gefangene saßen, andere wurden einfach in großen Räumen auf den Boden gekettet. Als Toilette gab es schuhschachtelgroße alte Munitionskisten. Mehrmals am Tag wurden sie zu Verhören abgeholt, gefoltert und nach einiger Zeit auf den sog. killing fields vor der Hauptstadt hingerichtet. Um Munition zu sparen wurden viele tot geprügelt.


Die Schulgebäude sind außen mit Stacheldraht eingefasst damit verzweifelte Gefangene sich nicht aus den höheren Stockwerken zu Tode stürzen konnten. Um das Gefängnis herum gab es noch einmal hohe Sicherheitszäune.

Metallbetten an die "wichtigere" Gefangene gekettet waren und wo sie teilweise auch gefoltert wurden. Der Kasten der links drauf steht ist so eine "Toilette".
Bilder von Opfern. Von etwa 20.000 überlebten 7.
Die Gebäude erinnern noch heute daran, dass es mal eine Schule war
Hier ist eine der Unterteilungsmauern in den Klassenzimmern von der Seite zu sehen.
 
Die Zellen
Hier von innen
An der hinteren Wand hängt noch eine Schultafel

Der Sicherheitszaun der das Gelände noch heute umgibt
Zum Waschen wurde ab und zu Wasser von den Wärtern durchs Fenster zu den Gefangenen gekippt (Klicken zum Vergrößern)
Das ganze war erst in den 70er Jahren und vieles erinnerte mich an meinen Besuch im Genozidmuseum in Ruanda vor 3 Jahren oder an Bilder aus deutschen KZs.

Um eine Vorstellung zu bekommen was das bedeutet kommen nun ein paar Bilder die ich gemacht habe (teilweise von Zeichnungen eines überlebenden Malers), die zeigen auf welch brutale Weise die Menschen in diesem Lager gefoltert und getötet wurden. Wer das nicht sehen möchte scrollt ab hier bitte einfach runter bis wieder diese Linie kommt.


Der Insaße einer Zelle
Diverse Werkzeuge mit denen gefoltert wurde
Menschen wurden an den Armen hinter dem Rücken bis zur Bewußtlosigkeit aufgehängt. Sie wurden dann mit dem Kopf in ein Wasserfaß getaucht bis sie wieder bei Bewußtsein waren. Dann wurde weiter gemacht.
Beinahe Ertränken in einem Becken, die Arme wurden in den Ringen an der Seite festgemacht.
Abtrennen von Fingerkuppen
Bei den Killingfields wurden viele Erschlagen oder ihnen wurde die Kehle durchgeschnitten. Es gab wohl auch Begräbnisse von Lebenden.
Ein kleines Baby wird in die Luft geworfen und es wird versucht es im Flug mit dem Gewehr zu treffen...
...oder sie wurden an Bäumen zerschmettert.



Es gibt einem wirklich viel zu denken und es ist erschreckend. Immer wieder in der Geschichte kam das vor und zwar unabhängig von Hautfarben, Geschlechtern oder Kulturen. Teilweise ganz normale Menschen können in die entsprechende Situation gebracht so etwas tun (siehe auch etwa http://de.wikipedia.org/wiki/Stanford-Prison-Experiment). Meist kommen viele Verantwortliche sogar ungeschoren davon und im Kampf um Macht und Geld ist es vielen Regierungen und Mächtigen vollkommen egal, dass sie komplette Staaten aus dem Gleichgewicht bringen oder tausende Menschen Bürgerkriegen, Folter und Tod ausliefern.


Nach den nachdenklich machenden Erfahrungen im Museum fuhren wir weiter zum Wat Phnom, dem Hügeltempel.
Der buddistische Tempel steht auf dem einzigen Hügel der Stadt, der mehr als diesen Namen auch nicht verdient hat (ca. 30 m hoch). Der Tempel ist richtig schön und wir haben auch ein paar Mönche gesehn. Umgeben ist der Tempel von einem kleinen Park mit vielen Blumen und einer großen Giftschlange aus Holzgeflecht.
 
Der Hügeltempel
So siehts drinnen aus
 
 

Die Giftschlange
Nach unserem Rundgang wollten wir noch zur Hauptpost. Die soll angeblich mittlerweile ganz gut funktionieren und ist in einem ziemlich protzigen Gebäude untergebracht. Hinter den 10 Schaltern arbeitete nur eine einzige Dame und in einem Nebenraum in dem wir Erinnerungspostkarten kaufen wollten, haben wir die Kassiererin erst nach langem Suchen schlafend hinter ihrem Tresen gefunden.
Auf dem Weg gabs auch viele Affen, die fröhlich von den Bäumen auf die verkorksten Stromleitungen und wieder zurück gehüpft sind.
Die Affen oben in der Mitte auf der Stromleitung

Einen Besuch am Marktplatz und in einem Einkaufszentrum später...
Die Markthalle - wie üblich mit lauter kleinen unabhängigen Ständen die so ziemlich alles verkaufen
Der Parkplatz vor dem Einkaufszentrum, hier ist wirklich jeder mit einem Roller unterwegs. Autos sind selten.
Orginal Cambodia - Der Camburger
 ...schlenderten wir satt Richtung Ufer des Mekong. Der fließt auch durch Phnom Penh und an der hübschen Uferpromenade gibt es grüne Bäume, viele Blumen und ganz viele verschiedene Nationalflaggen (natürlich schrill seidig glänzend wie hier so vieles und manchmal sind die Details ziemlich verfälscht - wohl nicht so teuer gewesen). 
 
 
Wir wollten noch den Königspalast anschaun und waren durch das bunte Treiben auf dem Vorplatz auch schon in der Eingangspforte, wir haben aber festgestellt, dass die Öffnungszeit für einen gemütlichen Besuch nicht mehr reicht. 
Der Vorplatz - hinten der Palast
 
Arbeiter klettern fröhlich auf dem Dach herum (ohne Seil)

Wir sind also einen Iced-Mokka schlürfen gegangen bei Costa-Coffee (die kennen wir schon aus Südamerika, wieder so eine Kette die unbedingt bei uns was aufmachen sollte).
 
Zum Abendessen haben wir uns am Flussufer leckere Fajitas reingezogen. Beim Besuch einer Dachbar davor (wir dachten die hätten was zu futtern) haben wir erfahren, dass es am selben Tag Feuerwerk geben sollte. 
Riesen Tuk-Tuk-Stau
Da oben drauf war die Dachterasse
Auffällig in Südostasien bisher: Fast überall steht am Eingang "Keine Waffen oder explosives". Muss man das extra dazu sagen?
Fajitas: Yummi ! :)
Beim Essen sind immer wieder kleine Kinder mit Kleiderbügeln voller Armbändchen über der Schulter vorbei gekommen und wollten was verkaufen. Ein kleiner Junge hat mit uns immer Rotes-Rennauto-über-den-Tisch-Schubsen gespielt, aber wir waren nicht sicher ob wir was kaufen sollten. Seine Mama (wahrscheinlich) hat am Straßenrand in atemberaubenden Tempo Armbändchen geflochten und eine ganze Schar Kinder hat sie dann versucht zu verkaufen. Ich weiß nicht ob sie damit nur etwas am Abend dazu verdienen oder ob sie deswegen vielleicht nicht zur Schule gehen. Die Schulen sind unterfinanziert und es gibt viel Korruption bei den wenigen Plätzen, sodass Kinder ärmerer Familien entweder nicht gehen weil erwartet wird dass sie zum Einkommen beitragen oder weil die Eltern sich die „Zuzahlungen“ für die Schule nicht leisten können...

Das Feuerwerk kam dann tatsächlich und die Kulisse war super.
 
 
 
Feuerwerk am Mekong und wir mitten drin :)
Arne

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen