Samstag, 26. Oktober 2013

26.10.2013 - Über die Grenze nach Kambodscha


Wir hatten es kaum erwartet. Nach hektischer Vorbereitung auf die ausgeklügelten Abziehmaschen an der kambodschanischen  Grenze am Abend davor, wollten wir noch eine wichtige Grenzüberquerungsregel einhalten: Sei früh dort.

Zu spät an der Grenze heißt Gefahr zu laufen in großen Schlagen stehen zu müssen, von Grenzbeamten erpressbar zu sein (wenn ich dich noch eine Weile aufhalte kriegst du deinen Anschlussbus nicht mehr und musst hier übernachten, also bezahl lieber) und am Ankunftsort weder gescheite Transportmöglichkeiten noch ohne Nervenzusammenbruch im Dunkeln ein Hostel zu finden.

Wir waren also früh auf. Um fünf aus dem Bett, um 5:58 Uhr erreichten wir mit dem Taxi den Busbahnhof, um 6 saßen wir im Bus Richtung Grenze. 
Wir hatten mit dem Vorhang die Öffnungen der Klimaanlage verstopft (Erfrierungsgefahr) und holten etwas Schlaf nach. Bei der 2ten von 3 Passkontrollen auf dem Weg zur Grenze (die Dichte an Kasernen am Straßenrand nimmt mit der Nähe zur Grenze immer mehr zu) wurde eine junge Frau mit Baby raus gezogen :/

Vor uns im Bus saßen zwei Kathoeys (Ladyboys, also transsexuelle Männer). Die eine spielte immer mit dem Baby der Frau gegenüber und die andere redete stundenlang gestenreich auf ihre Sitznachbarin ein. Diese nickte ab und zu gelangweilt und brummelte (wenn das nicht mal die Welt verdreht). Kathoeys sieht man in Thailand viel häufiger als in Deutschland und sie sind auch ein viel selbstverständlicherer Teil der Gesellschaft (das Gegenstück heißt „Tom“).

An der Grenze angelangt musste ich kurz meinen grummeligen Magen beruhigen...
Eine Tüte Waschmittel statt Seife

...und dann machten wir uns auf in den gut vorbereiteten Kampf. Man sagte uns, dass die Visapreise oft um das doppelte überzogen werden, wenn man bei den Grenzern nicht aufpasst, man teilweise Visa von „falschen“ Grenzbeamten verkauft bekommt unter dem Vorwand die echte Ausreisestelle wäre geschlossen und teilweise sogar Fahrkarten für einen eigentlich kostenlosen Shuttleservice auf der kambodschanischen Seite verhökert werden. Zudem reden einem wohl manche ein man müsse bestimmte Geldbeträge vorher tauschen um dann dabei abgezogen zu werden. Nicht mal Direktbusse aus Bangkok wären ganz sicher, weil sich auch die Busbesatzung manchmal was abzwackt.

Wir gingen also auf eigene Faust und hatten alles gut vorbereitet (wir hatten sogar Fotos von den richtigen Gebäuden aus dem Internet :) ). 
Hier verlassen wir Thailand...
...und hinter dem Tor beginnt Kambodscha.
Letztendlich lief alles erstaunlich gut. Wir waren nach knapp einer Stunde durch, hatten nur 2,50 € Schmiergeld zuviel bezahlt (in einem der korruptesten Länder der Welt - Platz 166 von 180 (2008) - geradezu ein Schnäppchen) und die gewöhnlichen Abzieher waren gar nicht so viele und gaben schnell auf (wenn man angesprochen wird ist es zu 95 % einer davon).

Auf der anderen Seite ging es wie beschrieben mit einem kostenlosen Shuttle weiter zu einem recht verlassenen staatlichen Busbahnhof. 
Das Schild über dem Kiosk deutet auf die Zielgruppe des Terminals hin

Es gab keine Konkurrenz, da nur einen Schalter und die „Offiziellen“ strengten sich an nett zu wirken, was nicht wirklich gelang. Mit anderen Backpackern fuhren wir dann in einem Minibus weiter nach Siem Reap. 
Dort wollen wir morgen Angkor Wat sehen, eine riesige Tempelanlage. Kambodscha wirkt gleich etwas ärmer als Thailand. Die Straße wirkt zwar zunächst gut und neu, allerdings hab ich etwas den Verdacht, dass das deshalb so ist, weil die Touris hier durch kommen auf dem Weg nach Angkor.  Leute treiben ihre Kühe auf der Straße herum, einige fahren lange Strecken mit dem Fahrrad behangen mit großen Hüten und Mundschutz, Großfamilien fahren auf Karren, vor die kleine Zugmaschinen gespannt sind, die etwas wirken wie ein großer Rasenmäher. Die Häuser am Straßenrand sind oft ärmlicher als in Thailand, zwischendrin steht immer mal wieder eine große Villa, die an kitschigen römisch italienischen Stil erinnert, mit verchromt glänzenden Geländern und einem eiergelben Anstrich, der das ganze ein bisschen an Vegas erinnern lässt. Seltsamerweise sahen alle größeren Villen auf dem 2 stündigen Weg so aus, vielleicht gibt es nur einen Architekten.

Karren mit kleiner Zugmaschine
Hier nochmal von vorne
Angelangt in Siem Reap wurden die Touris auf – wie die Busfahrer sagten - kostenlose Tuk-Tuks verteilt, die uns zu unseren Hostels bringen sollten. In der Busfahrt inklusive. 
Was uns gleich wunderte war, dass zu unserem kostenlosen Tuk-Tuk auch ein geschwätziger Kambodschaner mit uns auf der Rückbank gehörte, der natürlich alles toll fand was wir sagten.Er brachte uns wirklich zu unserem Hostel und fragt, ob wir morgen mit ihm eine Tour machen würden und wir erklärtem ihm das wir das noch nicht wüssten. Im Hostel wartete die verschüchterte Besitzerin, die uns erst ihre Preise nannte und dann leise sagte, dass sie es billiger hätte machen können, wenn unser neuer Freund uns nicht gebracht hätte. Wir beschlossen also erstmal uns auf eigene Faust weiter um zu schauen, was der Freund natürlich trotz seines gezwungenen breiten Lächelns gar nicht lustig fand. Wir wurden etwas direkter und er wollte sich einfach nicht abschütteln lassen. Er erwarte doch einen Job von uns für morgen und wenn wir nicht mitmachen, müssten wir die Fahrt natürlich bezahlen. Wir erklärten ihm, dass zu einem Geschäft immer 2 gehörten, nicht nur ein williger Lieferant sondern auch ein Kunde, der ihn haben wollte. Nach etwas Gezeter bezeichnete er uns dann als schlechte Touristen, mit denen man nicht arbeiten kann und zog sauer ab. Als wir ins Hostel zurückkamen war die Frau deutlich entspannter und wir bekamen unser Zimmer ein Viertel günstiger.
Unser Ex-Freund
Ich frage mich, ob es da wirklich so eine Art Einschüchterungstaktik gibt und ob die Hostels den Fahrern Geld bezahlen müssen (vielleicht sogar abgepresst bekommen). Wie haben wohl die anderen Touris reagiert, die ja auch jeweils so einen Freund mit an Bord bekommen hatten?

Am Abend sind wir dann, jetzt ja endlich ohne gezwungenes Anhängsel, noch über die Tourimärkte geschlendert und haben etwas gegessen. Siem Reap ist wirklich zu größten Teil eine total künstliche Touristenstadt, die aufgrund von Angkor Wat entstanden ist. Es gibt hunderte Hotels, die in ihrem Baustil häufig an die Villen vom Straßenrand erinnern und mehr oder weniger erfolgreich versuchen alte europäische Baustile zu imitieren. Es gibt Restaurants, Massagesalons, Kneipen und mehr Touris als Kambodschaner.
Highlight war bisher ein Fischbecken mit hunderten Putzerfischen, in das man für 2 Dollar (natürlich wie fast alles verhandelbar) eine halbe Stunde seine Füße hängen kann um sie von Hautschuppen befreien zu lassen.
Man fühlt sich zwar sicher und es gibt wirklich jede Annehmlichkeit, aber mir gefällt es eigentlich nicht so. Man wird angelächelt, benickt und gebauchpinselt aber es ist alles irgendwie künstlich. Klar möchten die Leute ihr Geld verdienen und das Geschäft mit den Touristen läuft gut. Wer würde da nicht mitmachen?

Ich habe aber auch das Gefühl es macht auch etwas kaputt. Man trifft nur wenige Leute, die sich so verhalten wie sie wirklich sind, Geld spielt so eine große Rolle und die Touris, die hier mit dem Flieger aus Bangkok her kommen (ja, Siem Reap hat nämlich auch einen Flughafen) werden in ihren klimatisierten Minibussen ins Hotel gebracht und leben in einer Traumwelt bis sie nach Besuch der Hauptattraktion wieder abreisen und zuhause erzählen wie interessant es doch in Kambodscha war. Schließlich waren sie ja dort.
Arne

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